Social Media Icon facebookSocial Media Icon twitterSocial Media Icon edudip

„Introvision ist so wunderbar alltagstauglich!“

Studie zu Introvision bei Migräne und Kopfschmerzen
© Hermera Technologies von Photo Images

„Introvision ist so wunderbar alltagstauglich!“

Eindrücke aus der Wirksamkeitsstudie zu Introvision bei Kopfschmerzen und Migräne IntroMig

Sind Sie betroffen von chronischen Kopfschmerzen oder Migräne und interessieren sich für eine achtsamkeitsbasierte Methode zur emotionalen Selbstregulation? Dr. Monika Empl leitet die Studie IntroMig an der Universität München, um die Wirksamkeit von Introvision bei Kopfschmerzen und Migräne zu überprüfen.

Auf der Suche nach dem Strohhalm, um Medikamente zu reduzieren

Ein neuer Kurs beginnt. In einem Seminarraum der Universität München trudeln zehn Migräne-betroffene Menschen ein, die an der Studie IntroMig teilnehmen. Sie besuchen sechs Wochen lang einen Kurs, der mittwochs von 17:00 bis 19:00 Uhr stattfindet, um eine für sie bis dahin unbekannte Methode der emotionalen Selbstregulation zu erlernen. Sie berichten in der Vorstellungsrunde von den vielen Entspannungsmethoden, die sie bereits ausprobiert haben. Yoga, Meditation, Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training, Ausdauersport, Spazierengehen, Feldenkrais, Musik hören, um nur einige zu nennen. Einige davon sind besser als andere in ihren Alltag zu integrieren. Oft wird berichtet, wie schwer es ist, „dran zu bleiben“ und dass sie nach jedem Strohhalm greifen, um für sich etwas hilfreiches zu finden, auch um die Medikamentation reduzieren zu können.

Entspannende Wirkung: Sich mit Introvision dem Unangenehmen zuwenden

Bereits in den ersten 45 Minuten des Kennenlernens wird deutlich: Alle Teilnehmer*innen haben einen langen Migräneweg hinter sich, und ihr Alltag ist an vielen Tagen im Monat stark geprägt durch die Schmerzen – trotz Einnahme von Medikamenten wie Triptane und einem an Migräne angepassten Lebensstil. Sie berichten, wie wohltuend es ist, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Auch im weiteren Verlauf des Kurses profitieren sie voneinander, sowohl ganz allgemein als auch in Bezug auf die Erfahrungen mit der neu erlernten Methode der Introvision.

In der ersten Theorie-Einheit werden die Grundlagen der Introvision vermittelt. Introvision heisst „Innenschau“: die Wahrnehmung wird auf das innere Erleben gelenkt, auch wenn etwas heikel oder unangenehm ist. Wie gehe ich mit dem um, was ich wahrnehme, wenn etwas nicht so ist, wie es sein sollte? Bei einem praktischen Kopfschmerz-Beispiel erkennen sich viele der Teilnehmer*innen wieder. Wenn sich beispielsweise eine Migräne-Attacke ankündigt, tauchen Gedanken auf wie: „Oh nein, nicht jetzt, das darf doch nicht schon wieder sein! Ich muss doch noch so viel erledigen, wie soll ich das denn schaffen, wenn ich jetzt schon wieder eine Migräne habe?“ Diese Sätze im inneren Dialog können wir der Überschrift „das darf nicht sein! Es muss anders sein!“ zuordnen. In der Introvision nennen wir dies augenzwinkernd das Muss/ Darf-Nicht-Syndrom. Hierbei ist die Wahrnehmung enggestellt, was auch Auswirkung auf körperlicher Ebene haben kann. Ziel ist zunächst, diese Mechanismen zu erkennen und dann mittels der Methode der Introvision – dem Konstatierenden Aufmerksamen Wahrnehmen zu ändern.

Schritt für Schritt das Konstatierende Aufmerksame Wahrnehmen erlernen

Es wurde eine Übungsreihe entwickelt, um sich diese besondere Wahrnehmungsform anzueignen. Am ersten Kurstag wird damit auch schon begonnen: Die Teilnehmer*innen lenken ihre Aufmerksamkeit in den Sinnesmodalitäten Sehen, Hören und körperlich Spüren für je zwei Minuten auf einen Fokus und versuchen das Wahrgenommene nicht zu bewerten (also konstatierend wahrzunehmen). Gar nicht so einfach, wie es sich zunächst anhört, denn die Gedanken schweifen gerne immer mal wieder ab. Und dennoch berichten viele schon nach den ersten Versuchen von einer entspannenden Wirkung, aber auch von einer Flut von Ablenkungen, mit denen sie nicht gerechnet haben. In der Zeit zum Folgekurstag wiederholen die Teilnehmer*innen diese Übung für sich mehrfach, sie üben gedankliches Abschweifen zu registrieren und wieder zur Aufgabe zurückzukehren. Die Erfahrungen hiermit sind unterschiedlich. Den einen fällt die eine Sinnesmodalität leichter als anderen. Je nach Vorerfahrungen, beispielsweise mit anderen Achtsamkeitsansätzen, lässt sich die Aufmerksamkeit auf den Fokus leichter oder schwerer halten. In der nächsten KAW-Übung wird dann, wieder in den drei Sinnesmodalitäten, mit dem Weit- und Engstellen der Wahrnehmung experimentiert, in der dritten Übung werden das Konstatieren und das Weitstellen für einen längeren Zeitraum gehalten. Parallel zu dieser Übungsreihe werden weitere Theorie-Inhalte zur Introvision vermittelt, die den Teilnehmer*innen helfen, im Alltag sensibilisierter für ihre Wahrnehmung und Informationsverarbeitung zu werden und Introvision langfristig selbständig anzuwenden.

Die letzten Übungen zum KAW widmen sich dann der mentalen Ebene – es geht in der Introvision darum, sich dem Unangenehmen zuzuwenden – konstatierend und weitgestellt, offen und nicht-wertend. Das, was Teil des eigenen Bewusstseins ist und beispielsweise ausgeblendet wird, bekommt Raum und wird betrachtet – so wie es ist, ohne „das darf nicht sein!“. Auch wenn es sich zunächst unbehaglich und ungewohnt anfühlt, wird häufig von einer Entlastung und Entspannung berichtet, wenn es gelingt, das Unangenehme im Zentrum der Aufmerksamkeit weitgestellt und konstatierend zu wahrzunehmen.

Raum für individuelle Fragen und Anliegen

Um individuelle Fragen zu klären, finden zwischen den Kurstagen Telefonate mit den Introvisionsberaterinnen und Kursleiterinnen Sonja Löser und Petra Spille statt. Nach Abschluss des Kurses werden mit jeder Teilnehmer*in drei Introvisionsberatungsgespräche durchgeführt. Unsere Erfahrung als Beraterinnen zeigt, dass in diesen Beratungsprozessen häufig alte Themen besprochen werden, die für die Betroffenen belastend und stressig sind und von den Teilnehmer*innen in Zusammenhang mit der Migräne gebracht werden.

Warum noch eine weitere Methode zur Stressreduktion bei Kopfschmerzen und Migräne?

Stress und Überlastung sind häufige Auslöser von Kopfschmerzen und Migräne, und daher sind Entspannungstechniken anerkannte Therapieformen zur Vorbeugung. Weniger Stress bedeutet weniger Schmerzen. Es ist zudem nachgewiesen, dass Migräne-Betroffene eine veränderte Reizverarbeitung mit fehlender Gewöhnung an wiederholte Reize haben. Daher könnte Introvision besonders wirksam sein, denn sie ist eine Methode, die auf einer Wahrnehmungstechnik basiert und zu nachhaltiger Stressreduktion führt.

Wie finden die bisherigen Teilnehmer*innen der Studie Introvision?

Die Weiterempfehlungsrate von Introvision durch die Teilnehmer*innen liegt in den zurückgesandten Fragebögen bei 100%. Im Kursfeedback geben die Teilnehmer*innen Rückmeldungen wie:

„Ich habe gemerkt, dass man nie ganz hilflos oder ohnmächtig gegenüber der Migräne ist, sondern man kann aktiv etwas tun.“

„Ich habe gelernt, Schmerz und Anspannung loszulassen.“

„Ich habe mehrmals erfahren, dass der Schmerz verschwindet, wenn er im Fokus der Aufmerksamkeit ist.“

„Durch Introvision habe ich ein Gefühl von Selbstwirksamkeit erreichen können, weil ich mich nicht erst, wenn die Migräne akut ist, um mich kümmere.“

„Ich nehme eigene Bedürfnisse bewusster wahr und kann sie somit berücksichtigen.“

„Ich schätze die Alltagstauglichkeit sehr, denn die Übungen können jederzeit und überall durchgeführt werden.“

„Ich fühle mich der Wahrnehmung nicht mehr so ausgeliefert, da ich sie bewusster steuern kann.“

Im Rahmen der Studie wird anhand von Kopfschmerzkalendern ausgewertet, inwieweit diese Erfahrungen Auswirkungen auf die Kopfschmerztage haben. Diese und andere Ergebnisse werden nach Abschluss der Studie veröffentlicht.